Veränderung

Irgendetwas passiert gerade mit mir.... der Niklas-Mama....

Ich merk schon länger - manches wird anders. Und ich mag sowas nicht sonderlich. Veränderungen. Gestern hatte Niklas einen Abschiedsnachmittag. Organisiert von seinen Kindergartenfreunden oder besser gesagt, von deren Mamas ;) Abschied deshalb: Niklas wird als einziges Kind dieser Kindergartengruppe nicht in die Gemeinde-Volksschule wechseln sondern ab Herbst ganz andere Wege gehen....
Ich fand diesen Abschieds-Nachmittag eine richtig nette Idee. Freundliche, gemütliche Stunden, eine so liebevoll zusammengestellte DVD mit Lieblingsliedern von Niklas (gesungen von den Kindergartenkindern) und Aufnahmen vom Kindergarten-Sommerfest.

Niklas wurde von seinen Freunden zu Hause abgeholt und hat diesen Ansturm sichtlich genossen. Es wurde gesungen und gespielt auf einem herrlichen schattigen Stück Garten. Das der Niklas relativ schnell eine kleine Box für sich entdeckt hat und dieser seine ganze Aufmerksamkeit gewidmet hat, ist Niklas-like. Und dass die anderen Kinder dann (verständlicherweise) das coole Baumhaus krakselnd erobert haben, ist auch völlig klar.

Auf der Decke zurückgeblieben ist - als einziges Kind - der Niklas. Absolut zufrieden und entspannt. Und das hat in diesem Moment auch super so gepasst.

Heute morgen allerdings, kommt mir so der Gedanke: das war SEIN Abschiedsfest. Und klar, er hatte seinen Spaß mit dem Abholen, dem Singen und dem Wirbel um ihn rum.... aber war ihm bewusst, um was es ging? (Wir haben natürlich am Morgen noch darüber geredet und auch am Wochenplan besprochen, dass heute der Ausflug ist mit seinen Kindergartenfreunden). Für den Niklas Papa steht fest: er hatte einen schönen Nachmittag. Punkt.

Was grüble ich dann noch?!
Weil ich heute ein schlechtes Gewissen habe, warum ich Niklas nicht mehr "hinein" geholt habe. Vor ein, zwei Jahren noch hätte ich Niklas mühsam auf das Baumhaus geschleppt. Oder hätte mich mit ihm auf das wackelige Trampolin  gewagt. Dinge, die Gleichaltrige schon längst alleine machen - Niklas dazu aber (wenns überhaupt möglich ist) nur mit Hilfe machen kann. Ich habe gestern nicht eine Sekunde daran gedacht, ihn von diesem (für ihn sehr gemütlichen) Platz wegzubringen. Das verunsichert mich heute. Jetzt habe ich sogar ein schlechtes Gewissen, weil ich kaffeetrinkend neben ihm gesessen bin und Niklas nicht durch den Garten geschleppt kutschiert habe.

Niklas fühlt sich wohl in seiner Welt. Und immer öfter beschleicht mich der Gedanke, das steht ihm auch zu. Es ist doch wundervoll, dass er so glücklich ist. Oder mache ich es mir so nur einfach? Natürlich, auch "unsere" Welt hat Platz bei ihm - und das ist so wertvoll für uns! Er lässt sie rein, ist neugierig - freut sich aber auch, wenn er wieder seine Ruhe hat. Für sich ist. Mit Bling-Bling und Sing-Sang.... Soll ich das so stehen lassen? Ich weiß nicht. Irgendwie tut´s weh. Und ich hab grad so das Gefühl, ich habe versagt..... Wir müssten uns noch mehr anstrengen, mehr bemühen....

So, und dann hab ich einen vor Lebensfreude grunzenden, frech grinsenden Burschen bei mir liegen der so überhaupt nicht nach Grübeln schreit.....

Sorry, für diesen nachdenklichen Post..... aber ehrlich: hättet ihr wirklich lieber gelesen, wie fantastisch diese klitzekleine Schachtel war? :D
Das nächste Mal.....versprochen!



Kommentare

  1. Ach Tanja, du hast überhaupt nichts falsch gemacht. Für Niklas hat es gepasst (stell dir nur vor du hättest ihm die Schachtel weggenommen ...) und nur so nebenbei: Niklas hat die wunderbarsten Eltern, die man sich als Kind wünschen kann!!!

    Kopf hoch!
    Drück dich ganz fest!

    J.R. ;-)

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  2. Nein!
    Kein schlechtes Gewissen haben!!!!
    Es war genau richtig so.
    Weil andere Kinder Spaß im Baumhaus haben denken wir, dass das "normal" sein müsste, wir wünschen uns diese "Normalität" versuchen ein bisschen unseres Traumes davon aufrecht zu erhalten.
    Wichtig ist aber nur, was für unsere Kinder "normal" ist und das ist in dem Fall die Decke und nicht das Baumhaus und es bedeutet nur, Du bist angekommen in der Welt deines Kindes und zwar ohne Wenn und Aber.
    Willkommen, nicht traurig sein, feiern :-)
    LG
    Martina

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  3. Liebe Tanja,
    Du ahnst nicht wie du mir mit diesem Posting aus der Seele sprichst!!
    Genau in diesem Zwiespalt stecke ich auch des öfteren!
    Ich glaube vielleicht ist er, dieser Zwiespalt, genau der richtige Weg?
    Ist es nicht gut das wir manchmal unsere Kinder in ihrer Welt lassen und sie aber auch manchmal versuchen mit in unsere zu nehmen?
    Oft tut mir dieser Konflikt auch weh und trotzdem glaube ich daran das er schon ein guter weg ist!
    Ich möchte mich da genauso wie du es hier beschreibst immer wieder hinterfragen!
    Und zwar damit ich es merke wenn es heute mal besser so ist, morgen aber besser anders!
    Tanja, ich glaube wer so über solche situationen nachdenkt macht es doch grundsätzlich richtig!
    Ganz liebe Grüsse
    Conny

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    1. Conny, danke für deine Worte. Und du ahnst gar nicht wie sehr mir das hilft, dass es dir ähnlich geht. Das hat auch nichts mit der Akzeptanz seiner Behinderung zu tun. Akzeptiert habe ich diese schon vor Jahren. Aber ich merke doch, dass Niklas ihm angebotene Wege auch annimmt. Die ihm weiterhelfen, dass er wächst. Ich muss nur noch die Balance finden.... aber vielleicht ist es wirklich so wie du sagst: es ist heute so - und morgen passt es anders.

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  4. Liebe Tanja,
    Meiner Erfahrung nach passt auch hier: Das Mütterphasenmantra- nur verwendet man es meistens bei schwierigen, negativen Phasen- schade eigentlich, dass dies wohl auch nur eine Phase sein wird. Denn deine Beschreibung klingt gerade sehr entspannt und genußvoll, fast schon paradiesisch, aber ja sowas ist schwer auszuhalten. Ich vergleiche mein Leben oft mit meinem Garten: Es gibt Zeiten, da benötigt er ganz intensive Aufmerksamkeit und Pflege und dann wieder kann ich mich einfach hineinsetzen und genießen, wie eigentlich alles von selbst wächst und gedeiht, weil ich ja mit meiner Vorarbeit, die "besten" (naja, möglichst gute) Bedingungen geschaffen habe. Alles Liebe alex

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  5. Wenn ihr es alle genossen habt war es ein schöner Nachmittag für euch alle.
    Jeder hat erinnerungen mitgenommen

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  6. Liebe Tanja, ich versteh Dich so gut. Und glaub mir: Es war genau richtig so. Bitte habe keine schlechtes Gewissen, es war gut so.
    Es geht mir schon auch so, dass ich grüble, hinterfrage. Das soll auch so sein, keiner mag etwas übersehen. Aber wenn Niklas zufrieden ist, wenn er schaut, geniesst ... dann passt das auch. Ob nicht das "mehr-anstrengen" von ihm gespürt wird? Dann schlägt das um und die Stimmung passt nicht mehr so gut. Du machst so viel für Dein Kind. Das spürt er, das weiss er! Das geniesst er. Weh tut zu sehen wie andere Kinder laufen, springen, krakseln .... aber wohl eher Euch. Niklas sieht seine Welt ganz anders, vielleicht ist er ein Zuschauer, der sich freut was andere ihm da vorzeigen. Er war mittendrin in Eurer Welt, die selbstverständlich auch die Seine ist.
    Je älter unsere Kinder werden, je mehr spürt man die Unterschiede. Robert kann ja laufen und mittoben. Aber er macht das "falsch" in den Augen der anderen Kinder. So oft kommen sie dann zu mir: "Sag ihm er soll nicht so zaubern, sag ihm er soll nicht so laut sein ....!" Und dann weiss ich nicht wie ich ihm lernen soll, dass man so nicht spielt miteinander. Zu laut, zu grob, zu zaubernd ... Er spürt das gar nicht, dass alle schauen, Abstand nehmen. Wir gehen lang schon auf keine grossen Feste mehr mit ihm, weil jedes mal was passiert wo er dann weint und nix versteht: "Warum haben die gesagt ich soll weggehen?". Wenn ich ihm 100 Mal erkläre, dass sie sooo nicht spielen, dass sie sich im Spass fangen ... dann wird er es doch nicht können, wieder grob werden, wieder dabei Sätze sagen die "normale" Kinder gar nicht verstehen.
    Das tut weh, aber ich kann mich bemühen wie ich mag. Er kann es nicht anders, Autisten verstehen ganz oft unsere soziale Welt nicht.
    Ich weiss wie man dann hinterher grübelt, sucht was man übersehen hat. Ist ja auch gut, aber trotzdem gibt es einen Punkt an dem man sagen muss: So ist das!
    Unsere Kinder leben ihr eigenes Leben, wir sind da sie zu lieben, zu unterstützen, aufzupassen und viel mehr. Aber alles können wir nicht abnehmen, schaffen .... manchmal können wir nur Tränen trocknen, unseren Kindern zeigen wie sie bei uns dazugehören. In die Welt da draussen können wir sie nie selbstständig alleine entlassen ... so wie bei den Schwestern. Dieser Unterschied macht Angst, traurig ... und je eher man sich damit auseinander setzt, desto besser läuft das dann auch. Nicht immer, aber immer öfter.
    Wir haben am Samstag hier ein grosses Waldfest. Robert wird bei seiner ganz grossen Schwester sein, das ist nichts für ihn. Er würde da schon mitwollen. Aber dann wird er wieder laut und zaubert, sagt Sätze die ihn ins Abseits stellen ... um ihm das zu ersparen werden wir mit Susanne allein dort hin gehen. Das tut weh, ist aber die Richtige Entscheidung. Manchmal ist es für behindere Kinder besser nicht mittendrin zu sein. Uns wird er fehlen, dass weiss ich jetzt schon.
    liebe Grüsse, ich umarme Dich
    Elisabeth

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  7. Ich kenne niemanden, der sich so sehr um sein stark- gehandicaptes (ich nenns jetzt einfach mal so) Kind kümmert wird du! Du suchst und machst...du batselst Taster..du suchst Therapien die in euren anstrengenden Alltag passen..Niklas ist überall dabei...

    Bitte such dir kein schlechtes Gewissen zusammen wo man gar keins haben muss.

    Du bist so eine super Niklas-Mama!

    Ich denke nicht, dass es für Niklas Glück entscheidend ist, dass er 100% alles was seine Freunde tun, auch tut. Er sieht in Dingen Freude, wo es Gleichaltrige schon lang nicht mehr sehen- darum müssen sie rauf aufs BaumHaus...aber ob Niklas das muss? Ich denke nicht.
    Sicher schadet es ihm nicht wnen du ihn d arauf schleppst- aber wenn du es nicht tust, auch nicht.

    Du hast ihn doch nicht weinend auf der Decke liegen lassen- nein er war selber zufrieden.

    Klingt doof was ich schreibe- ich kanns aber nicht besser ausdrücken. Vom Lesen her bist du eine Supermama und Niklas hat ein Riesenschwein mit euch :-)Annika übrigens auch :-)

    liebe Grüße
    Katharina

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  8. Auch ich bin überzeugt, Du hast es richtig gemacht.
    Daß Du Dir viele Gedanken machst, hinterfragst, ehrt Dich und ist auch verständlich. Aber ich denke: Du/Ihr tut so viel, Niklas spürt das alles und es geht ihm gut.

    Sehr nachdenklich macht mich auch das, was Elisabeth J.-S. schreibt..; auch hier ist wohl nichts hinzuzufügen außer: Hochachtung!


    Liebe Grüße
    Elena

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  9. Ich glaube, es war genau richtig so. Niklas hat sich wohl gefühlt so wie es war und das ist wichtig. Er hätte dir gezeigt wenn er in diesen ganzen Trubel hineingewollt hätte und unglückwich gewesen wäre, nur daneben statt mittendrin zu sein. Mach dir keine Vorwürfe

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  10. Oh das kenn ich... oft ist es für J. das beste und entspannendste, wenn er bei einem solchen TRubel zuschauen kann.
    Das mußte ich aber auch erst lernen.

    Auch bei Brettspielen schaut J. gerne einfach zu. Das macht ihm Freude. Im Gegensatz zum immer mitspielen müssen.

    Das heißt nicht, daß ich ihn ausgrenze und nichts mitmachen lassen - aber eben nicht immer alles von ihm verlange. Manchmal sind bestimmte Aktionen auch mehr Stress für ihn und erinnern mehr an Therapie als an Spaß.

    Alles ist gut liebe Niklas Mama!

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  11. Liebe Tanja
    Das wiederholte Ausführen einer wohlbekannten Tätigkeit, das Anhaltenlassen von glückauslösenden Ereignissen, die ausgewogene Balance des Beherrschens nicht mit neuem Impulsen aus dem Gleichgewicht bringen,das ist eigentlich wahrhaftige Musse. Wunderschön, dass du das niklas und auch dir beschert hast.
    Herzlich Momo

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